Einsatz von nachwachsenden Rohstoffen
Fassade im Bau von c13, Kaden Klingbeil Architekten © Bernd Borchardt

Problem

Die Bauwirtschaft ist einer der ressourcenintensivsten Wirtschaftszweige. Moderne Baumaterialien wie Beton, Stahl und Glas zeichnen sich bei der Herstellung durch einen hohen Energiebedarf aus. Allein in der Zementindustrie wird der Anteil der globalen Treibhausgasemissionen auf ca. 8% und in Deutschland auf 2% geschätzt (WWF 2019, S.8). Daher besteht im Bauwesen ein dringender Bedarf an der Umsetzung von Materialstrategien, die durch eine vermehrte Verwendung von biobasierten Materialien aus nachwachsenden Rohstoffen die Treibhausgasemissionen und andere negative Umweltauswirkungen im Lebenszyklus reduzieren. Für welche Zwecke und in welchem Umfang lassen sich nachwachsende Rohstoffe im Bauwesen einsetzen und was ist hierbei besonders zu beachten?

Allgemeine Beschreibung

Nachwachsende Rohstoffe sind land- und forstwirtschaftlich erzeugte Produkte, die nicht als Nahrungs- oder Futtermittel verwendet werden, sondern zur Energieerzeugung oder stofflichen Verwertung eingesetzt werden (FNR o.J., a). Neben dem Einsatz als Energieträger zur Erzeugung von Wärme, Strom oder Kraftstoffen werden nachwachsende Rohstoffe neben der Herstellung von Möbeln, Papier und Pappe, chemischen Werkstoffen, Farbstoffen und Textilien vor allem als holzbasierte Werkstoffe im Bauwesen eingesetzt (ebd.). In sozialökologischen Projekten legen die Projektentwickler und Nutzer:innen häufig einen besonderen Wert darauf, nachhaltige Baumaterialien einzusetzen. Der Einsatz von nachwachsenden Rohstoffe kann dazu beitragen, den Klimawandel zu bremsen, in dem sie bei der energetischen Nutzung weniger Treibhausgase freisetzen als fossile Energieträger und bei der stofflichen Nutzung sogar Kohlendioxid langfristig binden (ebd.). Die Nutzung nachwachsender Rohstoffen hat daher auch aufgrund von Nachhaltigkeitsaspekten zugenommen, allerdings ist auf eine nachhaltige Bereitstellung

Im Holzbau wurden durch die Entwicklung von Hybridkonstruktion in Brettstapel-, Holzrahmen- und Holzskelettbauweise in den letzten 15 Jahren immer größere und höhere Gebäude im urbanen Kontext möglich, die die hohen Sicherheitsanforderungen an Brandschutz erfüllen. In der Gebäudedatenbank „Referenzbauten Bauen mit nachwachsenden Rohstoffen“ der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. sind über 300 Projektbeispiele in unterschiedlichen Holzkonstruktionen in Deutschland dokumentiert, unterteilt nach den Kategorien Wohnungsbau, Gewerbebau und Öffentliches Bauen (FNR o.J. b, Stand Mai 2022 – https://referenzbauten.fnr.de/). Ein Merkmal vieler neuer Holzbauprojekte ist deren hoher Vorfertigungsgrad, was kürzere Baustellenabläufe ermöglicht. Modulare Konstruktionen und ein „Design für Demontage“ machen den Selbstbau attraktiv. Auch das Dämmen mit nachwachsenden Materialien wie Zellulose, Holzfaser, Hanf oder auch Stroh sowie die Verwendung natürlicher Baustoffe für Bodenbeläge und Wandoberflächen wird immer selbstverständlicher (FNR o.J., a).Erneuerbare Materialien aus Pflanzen oder Tieren sind typischerweise am Ende ihres Lebenszyklus innerhalb weniger Jahre biologisch abbaubar. Wenn bei der Herstellung und Verarbeitung von Biomaterialien sorgfältig vorgegangen und dabei eine nachhaltige Landnutzung sichergestellt wird sowie die Materialien effizient eingesetzt werden, lassen sich durch den Einsatz von Biomaterialien negative Umweltauswirkungen vermeiden. Viele Biomaterialien sind darüber hinaus kompatibel mit neuen innovativen und digitalen Methoden, wie z.B. 3-D-Druck (Dahy & Knippers 2017).

Beispiele

Der Gebäudekomplex c13 (ca. 47,30m x 13,00m) steht auf einem Betonsockel mit Tiefgarage und besteht aus zwei Gebäudeteilen, einem siebengeschossigen Vorderhaus mit tragenden Wänden in Massivholzbauweise und einem fünfgeschossigen Haus im Hinterhof, bei dem die tragenden Wände in Holztafelbauweise errichtet wurden. Die Gebäudehülle des Hinterhofgebäudes besteht aus einer komplett vorgefertigten Holztafelkonstruktion. Schwere Sperrholzwände tragen einen Teil der Tragfähigkeit des gesamten Gebäuderahmens. Im Inneren des Gebäudes sorgen Lichthöfe und Atrien für Sichtverbindungen und Tageslicht. Die Projektplaner von c13 haben auf chemischen Holzschutz und Dampfsperren aus Kunststoff verzichtet, wodurch das Holz wiederverwendbar und verwertbar ist. Die Holzbauweise bietet ein hohes Vorfertigungspotenzial und verkürzt dadurch die Bauzeit. Aufgrund des geringen Gewichts und der Flexibilität sind Holzkonstruktionen für Füllkonstruktionen wie C13 und Aufbauten geeignet. Für den Brandschutz wurde frühzeitig mit externen Brandschutzingenieuren zusammengearbeitet. Die integrale Planung führt dazu, dass das Gebäude aus dem Know-how von vielen mit einem individuellen und ganzheitlichen Brandschutzkonzept zusammengesetzt ist. So sind die tragenden Holzbauteile allseitig mit nicht brennbaren Gipsfaserplatten beplankt. Mineralwolle in den Hohlräumen der Holztafeln verhindert Hohlraumbrände. Alle Einheiten werden kontrolliert belüftet. Zur Wärmeerzeugung wird ein Gas-Brennwertkessel eingesetzt, die Wärmeverteilung erfolgt über eine Fußbodenheizung. Insgesamt erfüllt das Gebäude den Standard eines KfW-Effizienzhauses 40.

Die Giesserei wurde weitgehend als Holzkonstruktion errichtet. Das Untergeschoss und die Erschließungskerne mit Treppenhaus, Lift und Installationsschächten wurden aufgrund von Brandschutzvorschriften in Recyclingbeton ausgeführt. Alle anderen tragenden und nichttragenden Elemente bestehen aus Holz, die allerdings aufgrund des Brandschutzes verkleidet sind. Die Baumaterialien bestehen aus giftfreien, nachhaltig produzierten und möglichst regionalen Rohstoffen (Minergie-P-Eco-Zertifikat) (Mehrgenerationenhaus Giesserei o.J). Das modulare Grundriss-System entspricht der kompakten Raumaufteilung der Holzkonstruktion und ermöglicht verschiedene flexible Wohnungstypen.

Das “Solare Direktgewinnhaus N11” hat eine massive Holzkonstruktion in Kombination mit einer Holz-Beton-Verbunddecke und einer Stampflehmdecke. Durch den Verzicht auf Leim und chemische Bestandteile wird eine künstliche Lüftungsanlage oder zusätzliche Haustechnik überflüssig. Bei einem späteren Rückbau des Gebäudes können alle Baumaterialien in den natürlichen Kreislauf (Cradle to Cradle) integriert oder wiederverwendet werden (Bauland 2016, N11 Architekten o.J.).

Erkenntnisse und Synergien

Der Nutzen von nachwachsenden Rohstoffen ist am größten, wenn sie lokal produziert und verwendet werden. Dann ermöglichen sie ein klimagerechtes Design, reduzieren die Energiekosten für den Transport und sorgen für regionale Wertschöpfungsketten und lokale Beschäftigung. Nachwachsende Rohstoffe können zu einem gesunden Innenraumklima beitragen und häufig auch im Selbstbau verarbeitet werden.Die Wärmeleitfähigkeit von natürlichen Dämmstoffen ist im Allgemeinen mit mineralischen Dämmstoffen vergleichbar, sie sind aufgrund von Brandschutzanforderungen nur eingeschränkter nutzbar. Um eine langfristige Haltbarkeit von biobasierten Materialien beim Bau zu gewährleisten, ist es wichtig, eine hohe Materialqualität, eine werkstoffgemäße Konstruktion (z.B. baulicher Holzschutz) und eine systematische Dokumentation der verbauten Materialien für den weiteren Rückbau sicherzustellen. Aber selbst bei einer nachhaltig deklarierten Nutzung von Holz aus zertifiziertem Anbau können durch die veränderten Landnutzungen Zielkonflikte mit dem Naturschutz z.B. hinsichtlich Artenschutz und Biodiversität auftreten. Daher ist eine sparsame und möglichst auf Langlebigkeit ausgelegte Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen anzustreben.

Quellen

Bauland, Dorothee (2016): Wie ein ungeschliffener Diamant. In: Magazin First 02/2016, Bauen und Leben mit Holz. Innere Werte. Holz gut verpackt. S. 16-21. Abgerufen am 30.03.2021 von https://holz100.ch/wp-content/uploads/2016/03/FIRST-2-16-N11-150dpi.pdf

Dahy, Hanaa; Knippers, Jan (2017): Biopolymers and Biocomposites Based on Agricultural Residues. In: Hebel, Dirk E.; Heisel, Felix (2017): Cultivated Building Materials. Industrialized Natural Resources for Architecture and Construction. Birkhäuser Verlag, Basel, S.116-123

FNR (o.J. a): Nachwachsende Rohstoffe im Überblick. Abgerufen am 02.05.2022 von https://www.fnr.de/nachwachsende-rohstoffe/nachwachsende-rohstoffe-im-ueberblick

FNR (o.J. b): Referenzbauten Bauen mit nachwachsenden Rohstoffen. Gebäudedatenbank der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR). Abgerufen am 02.05.2022 von https://referenzbauten.fnr.de/

Mehrgenerationenhaus Giesserei  (o.J.): Der Bau. Abgerufen am 30.03.2021 von https://www.giesserei-gesewo.ch/siedlung/der-bau

N11 Architekten (o.J.): haus ohne heizung. Projektdarstellung auf Homepage. Abgerufen am 30.03.2021 von  https://www.n11.ch/n11-philosophie.html#anchor-haus-ohne-heizung

WWF (2019): Klimaschutz in der Beton- und Zementindustrie. Hintergrund und Handlungsoptionen. Abgerufen am 30.03.2021 von https://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/WWF_Klimaschutz_in_der_Beton-_und_Zementindustrie_WEB.pdf