Problem
Städte und Wohnquartiere brauchen Räume, die nutzungsoffen sind und die Chance bieten, unkompliziert und kostengünstig unterschiedliche Aktivitäten umzusetzen. Welche räumlichen und organisatorischen Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit diese Möglichkeitsräume etabliert werden können und dazu beitragen, Ideen innerhalb der Gesellschaft sowie in Kooperation mit der Nachbarschaft zu realisieren? Wie sehen Gestaltungsoptionen aus, damit ein möglichst hoher Mix an Nutzungen und Nutzer:innen ermöglicht wird?
Allgemeine Beschreibung
Gemeinschaftsräume, die in ihrem Nutzen nicht eindeutig definiert sind und mehreren Nutzergruppen zur Verfügung stehen, werden auch Options- oder Jokerräume genannt. Sie bieten in ihrer Unbestimmtheit eine hohe Flexibilität sowie großen Gestaltungsspielraum. Des Weiteren können sie als Ersatzräume für gemeinschaftliche Aktivitäten oder als Gästezimmer nutz- bzw. mietbar sein und sind so auch für Nachbar:innen und Außenstehende zugänglich. Ihre Nutzungsoffenheit bedient somit die heterogenen Bedarfe der Gemeinschaft und ist in der Lage, nachbarschaftlichen Austausch und Akzeptanz zu fördern. Zugleich können sie durch eine mögliche Vermietung den finanziellen Spielraum einer Gemeinschaft erhöhen.
Beispiele
Die drei Optionsräume in Spreefeld mit je 128 m² sind in ihrer Nutzung undefiniert und stehen für Mietanfragen zur Verfügung. Sie befinden sich im Erdgeschoss und können als temporäre Läden, Ausstellungsräume, Auditorium, Werkstatträume und vieles mehr genutzt werden, solange sie das Programm der Genossenschaft durchführen und nicht primär gewinnorientiert sind. Seit Beginn des Projekts dient einer der Räume als Werkstatt. Ein Kuratorenteam aus der Bewohnerschaft verwaltet die Optionsräume.
Das Hunziker Areal bietet mit den gemeinschaftlichen Allmendräumen Platz für nichtkommerzielle, gesellschaftliche Anlässe. Die Räume können von den Bewohner:innen für Veranstaltungen und Selbstorganisationszwecke gratis genutzt werden.
Projekte wie die Kalkbreite oder Giesserei verfügen über Jokerräume, die als temporär mietbare Gästezimmer oder Wohnungserweiterungen zur Verfügung stehen.
Erkenntnisse und Synergien
Optionsräume sind mit Planungsbeginn im Raumprogramm zu berücksichtigen und gut zugänglich anzuordnen. Die räumliche Gestaltung sollte eine große Nutzungsflexibilität ermöglichen, um auf sich ändernde Wünsche und Bedarfe der Bewohner- und Nachbarschaft reagieren zu können. Dabei sind frühzeitig die Anforderungen an die (infrastrukturelle) Ausstattung, wie Raumgröße, Sanitäranschlüsse, Belichtung und Freiraumbezug zu definieren, da diese langfristig die Nutzungsoptionen prägen.
Die Planung und das Management von Optionsräumen erfordern Dialogbereitschaft für Aushandlungsprozesse, ein gut organisiertes Management- und Mietsystem sowie klar geregelte Verantwortlichkeiten, um Nutzungskonflikte zu minimieren.
Bei guter Ausgestaltung fördern Options- und Jokeräume aufgrund ihres flexiblen Raumangebots Offenheit, einen experimentellen Charakter und stärken den Gemeinschaftssinn, da zukünftige Raumzuweisungen gemeinsam entschieden werden müssen.
Quellen
Ballhausen, N. & Kleilein, D. (2014): Spreefeld. In: Bauwelt 39.2014: Neue Genossenschaften, 16-23.
Abgerufen am 22.02.2021 von https://www.bauwelt.de/dl/805623/bw_2014_39_0014-0023_NEU.pdf
Capeller, R. (2016): Wohnvarianten in Relation: Neue Wohnkonzepte in Berlin, Zürich und Weimar. In: Baunetzwoche #441, 8-19. Abgerufen am 22.02.2021 von https://www.baunetz.de/baunetzwoche/baunetzwoche_ausgabe_4689126.html